Beim Spaß kannten die Narren kein Maß

Rauenbergs Musikverein hatte zur Prunksitzung geladen

Rauenberg. (oé) Es war alles perfekt angerichtet bei der 36. Prunksitzung des Musikvereins: Die stimmungsvoll geschmückte Kulturhalle war ausverkauft; die Narrenschar war allerbester Laune und viele Jecken hatten sich bunt kostümiert: als Ritter, Mönche, Hexen oder Wikinger; und schließlich konnte Programmdirektor Oliver Zeeb zusammen mit Conférencier Carsten Wipfler ein Programm aufbieten, das keinen Vergleich zu scheuen brauchte. Der Zeremonienmeister hatte nicht zu viel versprochen, als er dem erwartungsfrohen Publikum gleich zu Beginn einige „Knaller“ ankündigte.

Es ist immer wieder erstaunlich, was der Musikverein da auf die Beine stellt. Das hob auch Bürgermeister Peter Seithel hervor, als er das Narrenvolk humorvoll begrüßte. Seine Bitte um einen donnernden Applaus für alle Tänzer, Musiker und Büttenasse blieb nicht ungehört. Den ganzen Abend über geizten die Jecken nicht mit Beifall, forderten immer wieder Zugaben und ließen viele Saalraketen steigen, die den Saal in seinen Grundfesten erschütterten.

Das war schon beim Einmarsch von Prinzenpaar, Garde und Fanfarencorps so. „Heilig’s Blechle, was für e Emfpängle“, meinte Karnevalsprinzessin Linda I. sichtlich beeindruckt. Und am Tonfall merkte man gleich: Rauenbergs Narren werden diesmal von einer Schwäbin regiert, die auf der Bühne so viel Charme und Liebreiz versprühte, dass ihr die Herzen der Kurpfälzer nur so zuflogen. Das Herz ihres Prinzen Tim gehört ihr ohnehin schon längst. Beide sind auch im wirklichen Leben ein Paar, verheiratet und stolze Eltern. Wie sagte doch die Prinzessin: „En Badener Mann und en Rauberger dezu, der sticht jeden Schwob aus im Nu.“

Weiter ging’s ohne viel Federlesen mit einem humorvollen Gruß des kunterbunt gekleideten Rathauschefs, der das Motto des Abends ausgab: „Hier gilt kein Maß, hier geht es ganz einfach nur um Spaß.“ Und Spaß gab es zuhauf an diesem Abend – durchaus auch von der deftigen Sorte. Etwa bei dem „frischen Wind“, den Christa Schäffner in den Narrentempel brachte. Genüsslich handelte „Malschenbergs First Lady“ die unterschiedlichsten Erscheinungsformen des menschlichen Windes ab, frei nach der Devise: „Hab Sonne im Herzen und Zwiebeln im Bauch.“ Ehemann Ludwig Schäffner sorgte derweil mit seiner Basstuba für die passenden Geräusche.

Nach so viel Menschlich-Allzumenschlichem nahm das Rauenberger Fastnachts-Urgestein Karlheinz Hartmann ein ganz anderes Ziel ins Visier: das Finanzamt. „Denk ich an moi Steuer, krieg ich en Zorn wie e Haus. Mei liebes Finanzamt, bei dir tret ich aus (wenn i kehnt)“, lautete sein Credo, in das die Narrenschar voller Inbrunst einstimmte. Ausgezogen bis auf Hemd und Unterhose beklagte sich der arme Steuerzahler lauthals: „Die Reiche schlupfe durch bei dieser Einnahmequelle. Die hewwe e Briefkaschtefirma uff de Seychelle.“

Vollends politisch wurde es in der Büttenrede von Christian Kollenz. Als Tippelbruder mit Einkaufswagen las der „Altstadtrat“ der Kommunalpolitik ordentlich die Leviten: Alles kam aufs Tapet – vor allem natürlich die Ortskernsanierung, bei der die Bürger im Nachklapp ordentlich zur Kasse gebeten werden sollten. „Nach und nach wird allen klar, dass des Gutachte e Lachplatt war“, reimte der Büttenredner keck und zog am Ende das Fazit: „Für Glanzleistunge war des echt kon Beleg – Prost und hoch lebe die Steg.“ Aber auch der Umzug des Bürgermeisters nach Wiesloch wurde närrisch glossiert: „Ich hoff, Sie bleiwe uns erhalte. Denn als OB in Wiesloch gäb’s mehr Sorgefalte“, lautete der gute Rat an Rauenbergs Rathauschef.

Zwischendurch hieß es immer wieder „Bühne frei“ für die Garden, die der Rauenberger Fassenacht stets einen besonderen Glanz verleihen: Die Minigarde zeigte erst einen schwungvollen Gardetanz und verzauberte das Publikum dann als märchenhafte Eisprinzessinnen. Die Juniorengarde wiederum begeisterte mit akrobatischen Einlagen. Und erst das Männerballett! Als die grazilen Herren zu Tschaikowskys „Schwanensee“ in rosaroten Tutus übers Parkett schwebten, gab es im Publikum kein Halten mehr – und Conférencier Carsten Wipfler war erleichtert: Er hatte sich zu Beginn noch Sorgen gemacht wegen seines rosa schimmernden Hemdes. Nun merkte er: „Es hätte schlimmer kommen können.“ Nicht nur hier war eine Zugabe fällig. Alle Tanzgruppen mussten in die „Verlängerung“ und wurden mit Saalraketen belohnt.

Ein anderes Markenzeichen der Rauenberger Fastnacht sind die „Scheierborzler“, die mit Sänger Karlheinz Hartmann und Bandleader Kai Spannagel an der Trompete („Kai, geb Gas“) die Stimmung mächtig anheizten. Das war auch gut so, denn anschließend mussten ein paar (Lach-)Tränen verdrückt werden. „Leichenbestatter“ Kai Pfeiffer aus Bad Schönborn enterte nämlich die Bühne und berichtete über sein trauriges Gewerbe. „Als Heizer bei der Bundesbahn hab ich früher Kohle zu Asche gemacht. Jetzt mach ich aus Asche Kohle.“ Dabei ist er noch günstig. Günstiger jedenfalls als die NASA mit ihren Beerdigungen auf dem Mond. „Ich beerdich eich in Malscheberg. Des liegt sogar noch hinnerm Mond.“

Zum närrischen Rundumschlag in schönstem Raubergerisch holten auch die beiden „Schnapsdrosseln“ Christian Wirth und Anja Bieberle aus. Auch dabei ging es nicht ohne den einen oder anderen Seitenhieb auf die Nachbarschaft ab – auf die Dielheimer zum Beispiel und ihren neuen Rauenberger Bürgermeister Thomas Glasbrenner. Kommentar aus der Weinstadt: „Jetzt regiere mir auch hinnerm Berg, die Dielemer Gartezwerg.“ Da blieb kein Auge trocken. Eine wahre Augenweide waren hingegen der perfekt synchrone Gardetanz der Prinzengarde (der Jubelrufe erntete) und schließlich der Showtanz zum Finale – eine großartige und farbenprächtige Hommage an Hollywoodfilme und ihre Musik von „Ghostbusters“ bis „Skyfall“. Die Choreografinnen Sarah Stier, Nicole Kachler und Heike Hartmann (Männerballett) hatten wieder ganze Arbeit geleistet, ebenso wie Andrea Stier bei den Kostümen.

Am Schluss kamen alle auf die Bühne und ließen sich vom Publikum verdientermaßen feiern, das Fanfarencorps unter Hans-Peter Menges untermalte alles mit fetziger Musik, so wie dies zuvor schon die Band „VIP-Club“ getan hatte. Und damit war noch lange nicht Schluss.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors.